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«Den FC Dietikon als Nummer 1 ablösen? Davon redet hier niemand»

Das Interview von Ruedi Burkart aus der Limmattaler Zeitung vom 16. August 2024 hier zum Lesen. Viel Spass

 

Vor dem Start in die neue 2.-Liga-Saison äussert sich Vincenzo Tortora, 54, über seine Absichten mit dem FC Oetwil-Geroldswil. Der Mitinhaber einer Haustechnik-Firma ist seit Februar dieses Jahres Präsident des 1982 gegründeten Dorklubs.

In den vergangenen Wochen sorgte der FC Oetwil- Geroldswil für Aufsehen in der regionalen Szene.

Fussballer mit klingenden Namen schlossen sich reihenweise dem Klub vom Werd an. Oliver Buff, U17- Europameister von 2009 und lange Jahre Profi, kehrte zu seinem Stammklub zurück. Patrick Pereira, letzte Saison 27-facher Torschütze bei YF Juventus in der 1. Liga und auch er ein ehemaliger FCOG-Junior, tat es Buff gleich. Es kamen aber auch ehemalige Challenge-League- und Promotion-League-Spieler. Der Grund für das Transfererdbeben hat einen Namen: Vincenzo Tortora.

Lange Jahre prägte er YF Juventus mit, jetzt hat der Unternehmer beim beschaulichen FC Oetwil-Geroldswil das Sagen.

 

Sie sind gerade mal ein halbes Jahr im Amt als Präsident des FC Oetwil-Geroldswil. Seither rumpelt es in der Zürcher Fussballszene gewaltig. Sie schmunzeln.
Vincenzo Tortora: Ich kann mir vorstellen, worauf Sie hinauswollen.

 

Sie holten in den vergangenen Wochen Spieler aufs Werd, die in jeder 1.-Liga-Mannschaft einen Stammplatz garantiert hätten. Was ist der Grund für diesen Einkaufsboom? Bisher hat sich der FC Oetwil-Geroldswil ja als klassischer Dorfverein verstanden. Gerade mal eine einzige Saison spielte man bisher in der regionalen 2. Liga.
Wir holen diese Spieler ja nicht einfach so in den Klub. Unser Handeln hat einen Hintergrund. Lassen Sie mich aber erst etwas erklären.

 

Bitte.
Die meisten der neuen Spieler kenne ich seit Jahren persönlich.

 

Aus Ihrer langen Zeit im Vorstand von YF Juventus.

Unter anderem, ja. Ich war bei YF Juve auch Juniorentrainer, leitete zeitweise das Goalietraining und war zudem einmal Co-Trainer der 1. Mannschaft. Ich kenne die Zürcher Fussballszene relativ gut, die Leute kennen mich. Zudem sind auch Spieler unter den Neuverpflichtungen, die bei mir arbeiten. 

Wie ist die Rückkehr von Oliver Buff zustande gekommen?

 Eines vorweg: Dieser Transfer ist nicht über mich gelaufen. Oliver wird bei uns quasi als spielender Assistenztrainer amten. Er möchte das Trainer-A-Diplom machen, und wir sagten ihm, dass er gerne bei uns spielen könne. Wenn jemand wie Oliver Buff beim FC Oetwil-Geroldswil spielt, dann macht das den Klub attraktiv.

 Anmerkung der Redaktion: Oliver Buff wurde jüngst von den Grasshoppers als neuer Co-Trainer für die U15- Junioren vorgestellt.

 1.-Liga-Knipser Pereira ist auch eine grosse Nummer. Im ersten Testspiel für Oetwil erzielte er beim 6:4-Sieg gegen Baden II gleich die Hälfte aller FCOG-Treffer. Eigentlich sollte er jetzt ja bei einem kosovarischen Verein als Profi sein Geld verdienen.

Das mit Pereira ist eine spezielle Sache. Vor einem Jahr schaute er sich das entscheidende Spiel um den Aufstieg hier auf dem Werd an und sagte mir, dass er gerne wieder für seinen Juniorenklub spielen möchte, sobald er nicht mehr in der 1. Liga aktiv ist. Dann erhielt er das Angebot aus dem Kosovo, kündigte in der Schweiz seinen Job und unterschrieb beim Klub Suhareka einen Profivertrag. 

Und jetzt ist er wieder retour.

Pereira rief mich im Juli an und erklärte mir, dass es im Kosovo nicht so läuft, wie er sich das Ganze vorgestellt hatte. Kurz und gut: Er kehrte zurück in die Schweiz und ich habe ihm in meinem Betrieb eine Arbeitsstelle vermitteln können. Als Dankeschön hat Pereira zugesagt, für uns zu spielen. Eine Win-win-Situation für beide Seiten.

 

Wie ist das gelaufen mit Marco Fässler, der von 1.-Liga- Spitzenklub Tuggen gekommen ist?
Er ist beruflich im Aussendienst im Bereich Wärmepumpen tätig. Nicht bei mir, bei einer anderen Firma. Er spielt bei uns, wir können beruflich gegenseitig voneinander profitieren.

 

So läuft das also.

 Ja, so läuft das. (Schmunzelt.) 

Schliessen Sie mit den Spielern eigentlich schriftliche Verträge ab oder genügt ein Handschlag?
Mit Oliver Buff haben wir einen schriftlichen Vertrag als Assistenztrainer abgeschlossen, in welchem beispielsweise die Spesen geregelt sind.
 
Was kostet diese Transferoffensive den Klub? Werden die auswärtigen Spieler über das Vereinsbudget finanziert oder via separate Kasse?
Ich möchte betonen, dass wir keinen Spieler bezahlen. Das gibt es bei uns nicht.

 

Sie stehen mit Ihrem Wort dafür, dass der FC Oetwil- Geroldswil tatsächlich kein Geld an Spieler auszahlt?
Ja, das ist so. Die Spieler müssen keinen Jahresbeitrag bezahlen, zudem übernimmt der Klub die Kosten für das Trainingslager im Winter. Das ist alles. Ich weiss, dass in der Szene gemunkelt wird, dass wir Löhne oder grosszügige Spesen zahlen. Ich versichere Ihnen noch einmal: Nichts davon trifft bei uns zu.

 

In welchem Jahr wollen Sie den FC Dietikon als Limmattaler Nummer 1 im Fussball ablösen?
Halt, halt. Davon redet hier niemand. Klar, ich bin ehrgeizig, im Sport und im Beruf. Wollte ich keinen Erfolg, könnte ich auch gleich zu Hause bleiben. Aber dass der FCOG in nächster Zeit in der 1. Liga spielen wird, halte ich Stand heute für eher unwahrscheinlich. Dort musst du Geld in die Hand nehmen, und zwar nicht wenig.
 
Da stellt sich die Frage: Warum diese Vorwärtsstrategie?

Es geht mir in erster Linie darum, hier in Geroldswil etwas Nachhaltiges aufzubauen. Insbesondere wollen wir im Nachwuchs ein, zwei Schritte vorwärtsmachen. Wir müssen die Strukturen modernisieren, wir wollen mit allen Jahrgängen in die nächsthöhere Klasse aufsteigen. Das ist mir ein sehr grosses Anliegen.

 

Dafür braucht es dermassen viel Prominenz in der 2.-Liga- Mannschaft?
Die 1. Mannschaft ist nun mal das Aushängeschild eines Vereins. Wenn die Junioren aufschauen können zu ihren Vorbildern, die Erfolg auf dem Platz haben, sind auch die Nachwuchsspieler motiviert, viel zu investieren. Der langjährige 1.-Liga-Trainer Domenico Sinardo greift uns übrigens als neuer Juniorenleiter helfend unter die Arme.

 

Bei YF Juventus haben Sie ihn einmal als Trainer der 1. Mannschaft entlassen.
Das stimmt. Wir hatten damals ein paar negative Resultate. Aber das ist lange her, jetzt hilft Sinardo uns, den Nachwuchs besser zu machen. Aber, und da machen wir uns keine falschen Vorstellungen: Das ist ein langer Prozess mit einem Zeithorizont von drei bis fünf Jahren.

 

Nochmals zu Sinardo: Wird er auch ein Team coachen?

Nein, das ist nicht vorgesehen. Er wird in den Trainings vorbeischauen und Feedbacks geben. Letzte Woche übernahm er die A-Junioren, weil deren Trainer in den Ferien weilte.

 

War es bisher um die Juniorenabteilung beim FCOG dermassen schlecht bestellt?
Ich hoffe, man versteht mich nicht falsch. Aber wenn ich hören musste, dass unsere talentiertesten Nachwuchsspieler in den letzten Jahren immer wieder abgewandert sind, nach Dietikon oder wohin auch immer, war klar, dass ich da den Hebel ansetzen musste.

 

 Warum sind diese Jungen abgewandert?

 Bessere Zukunftsaussichten, auch besser ausgebildete Trainer. Es gibt viele Gründe.

 

Sie liessen sich im vergangenen Februar an der Vereinsgeneralversammlung zum Nachfolger von Präsident Massimo Di Giovanni wählen. Ich kann mir vorstellen, dass nicht alle Leute im Verein mit Ihrer forschen Art einverstanden sind. Hatten Sie auch negative Erlebnisse im letzten halben Jahr?

Oh ja, die hatte ich tatsächlich. Einige hatten Angst vor mir, waren skeptisch. Sie müssen sich vorstellen, dass der FC Oetwil-Geroldswil 40 Jahre lang ein klassischer Dorfverein gewesen ist. Und jetzt kommt da einer von auswärts, obwohl ich seit kurzem im Oetwil wohne, und will alles umkrempeln.

 

Wie sind Sie Ihren Skeptikern begegnet?
Ich habe meine Ideen für eine Neuorientierung in der Nachwuchsbewegung dargelegt. Ich vermittelte den Leuten, dass wir im neuen Vorstand nachhaltig zum Wohle des FCOG arbeiten werden.

 

Sind jetzt alle beruhigt?

 Ich hoffe, die meisten.

 

Kommen wir nochmals zurück auf die 1. Mannschaft. Letzte Saison ist man um ein Haar wieder in die 3. Liga abgestiegen, diesmal gehört das Team zu den ganz grossen Anwärtern auf den Aufstieg in die 2. Liga inter einverstanden?
Mir geht es in erster Linie darum, nicht noch einmal dasselbe erleben müssen, was gegen Ende der letzten Saison passiert ist. Dass die 1. Mannschaft wegen Spielermangels auf Senioren, B-Junioren und Aktive aus der 2. Mannschaft zurückgreifen musste. Und darum beinahe noch abgestiegen wäre.

 

Jetzt stapeln Sie aber tief.
Was soll ich sagen? Natürlich werden wir jetzt hoch gehandelt. Und den sportlichen Erfolg wollen wir haben, ganz klar. Wo das in der neuen Saison hinführen wird? Lassen wir uns überraschen. Wir sind ja nicht die einzigen, die Fussballspielen können. Für mich ist Zürich City der klare Favorit, Wädenswil ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, Unterstrass spielte auch schon weiter oben. Es wird spannend.

 

Ein Wort zur 2. Mannschaft, welche momentan in der 4. Liga spielt. Das soll sich ändern, nehme ich an.
Ja, das ist auch ein Anliegen der neuen sportlichen Führung. Der Aufstieg in die 3. Liga ist beim Team von Trainer Markus Imhof ein Ziel, wir werden dann und wann mit Spielern aus der 1. Mannschaft aushelfen.
 

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